Sie ist prädestiniert dafür, weihnachtlichen Glanz zu versprühen: Als «Königin der Instrumente» ist die Orgel um keinen Klangeffekt verlegen. Bei den beiden Grafenegger «Weihnachtskonzerten» des Tonkünstler-Orchesters am 7. und 8. Dezember tritt Jeremy Joseph als Solist in Händels Konzert «Der Kuckuck und die Nachtigall» ans Manual. Der frischgebackene Professor an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien stammt aus Südafrika und ist in der Nachfolge Anton Bruckners Organist der Wiener Hofburgkapelle, wo er mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und der Wiener Sängerknaben musiziert.
INTERVIEW
Sie wurden in Südafrika geboren, leben aber seit vielen Jahren in Europa. Mit welchem Bild vom Advent und von Weihnachten sind Sie aufgewachsen? Hat es sich verändert?
Joseph: Advent und Weihnachten in Südafrika – Hochsommer! Hier in Europa – kalt und dunkel.
Als Organist der Hofmusikkapelle sind Sie Nachfolger von Anton Bruckner. Denken Sie manchmal an ihn, wenn Sie in der Hofburgkapelle an der Orgel sitzen?
Joseph: Ich denke mehr an frühere Vorgänger der Hofmusikkapelle wie Johann Jakob Froberger und Johann Caspar von Kerll, an ihr Musikerbe und an ihren Einfluss auf die Orgelmusik des 17. Jahrhunderts.
Bruckner war zu seiner Zeit ein berühmter Organist und Improvisator, hinterließ aber einen sehr geringen und bescheidenen Beitrag zum Orgelrepertoire. Dadurch verschwindet er ein bisschen im Hintergrund.
Wie würden Sie die Musik des Orgelkonzerts «Der Kuckuck und die Nachtigall», das Sie in Grafenegg mit dem Tonkünstler-Orchester spielen, kurz beschreiben?
Joseph: Die langsamen Sätze zeigen Georg Friedrich Händel als Meister der Melodienkunst. Die schnellen Sätze wiederum sind «catchy» und haben viel «drive»! Und dann ist es natürlich reizvoll, den verschiedenen Vögeln nachzuspüren, die sich in dem herrlichen Werk tummeln.
Die Orgel ist ein Instrument, das derzeit einen regelrechten Hype erlebt dank einiger exzentrischer Solistinnen und Solisten. Sie sind seit kurzem auch Professor an der mdw – Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, spürt man den Trend auch bei der jüngeren Generation?
Joseph: Fragen Sie mich etwa, ob unsere Studentinnen und Studenten Orgelschuhe mit Swarovski-Diamanten tragen oder mit Punk-Frisur auftreten? Nein, noch nicht…
SA 7. & SO 8. DEZEMBER | 19.00 UHR | AUDITORIUM
TONKÜNSTLER-ORCHESTER
REGULA MÜHLEMANN, SOPRAN
ELISABETH KULMAN, MEZZOSOPRAN
JEREMY JOSEPH, ORGEL
STEFAN GOTTFRIED, DIRIGENT
Programm:
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL:
Ouvertüre zum Oratorium «Messiah» HWV 56
«Some dire event … Scenes of horror» Rezitativ und Arie der Storgè aus dem Oratorium «Jephta» HWV 70
«Dulcis amor, Jesu care» aus der Motette «Silete venti» HWV 242
Konzert für Orgel und Orchester F-Dur HWV 295 «Der Kuckuck und die Nachtigall»
«Lord, to thee each night and day» Arie der Irene aus dem Oratorium «Theodora» HWV 68
«Rejoice greatly, O daughter of Zion» Arie aus dem Oratorium «Messiah» HWV 56
Concerto grosso B-Dur op. 6/7 HWV 325
Pifa und «He shall feed his flock» Duett aus dem Oratorium «Messiah» HWV 56
ARCANGELO CORELLI
Concerto grosso g-Moll op. 6/8 «Fatto per la notte di Natale» (Weihnachtskonzert)