Die Gründungs- und Entwicklungsgeschichte des Grafenegg Festival
Laue Sommerabende, hochkarätig besetzte Konzerte mit internationalen Spitzenorchestern aus aller Welt inmitten eines weitläufigen Schlossparks, der Wolkenturm als eine der besten Open-Air-Bühnen der Welt – dafür ist Grafenegg bekannt. In den 15 Jahren seit Gründung des Grafenegg Festivals hat sich Grafenegg von einem feinen Geheimtipp zu einer renommierten Top-Destination für Musikbegeisterte aus Nah und Fern entwickelt. Mit Rudolf Buchbinder als künstlerischem Leiter und dem Tonkünstler-Orchester Niederösterreich als Residenzorchester gilt Grafenegg längst als Treffpunkt für namhafte Stars der Klassik sowie exzellente Nachwuchstalente zugleich.
Die Musik hat in Grafenegg freilich schon vor 2007 gespielt. Das 1294 erstmals urkundlich erwähnte Schloss Grafenegg war über Jahrhunderte hinweg Sitz edler Herren und zu deren Vergnügen gehörten schließlich auch musikalische Darbietungen. Öffentliche Vorstellungen gab es allerdings erst in den 1970er-Jahren: Gerhard Großberger, Gutsverwalter von Grafenegg überzeugte damals den Schlossbesitzer Franz Albrecht Metternich-Sándor von seiner Idee, Konzerte in Grafenegg zu veranstalten. Ab 1971 machte sich Grafenegg einen Namen als Ort für kleine, aber feine Musikdarbietungen, ab 1976 fand auch der beliebte Grafenegger Advent statt. Konzerte wurden in den Folgejahren etwa im Gartensaal oder auch in der Reitschule gespielt. Damals schon auf der Bühne stand übrigens u.a. Rudolf Buchbinder.
Buchbinder: Vom Stargast zum künstlerischen Leiter
Der Pianist kam schließlich nach der Jahrtausendwende wieder ins Gespräch, als der Entschluss gefasst wurde: Grafenegg soll Ort eines Klassikfestivals von internationalem Format werden. Dass diese Idee so rasch und gut umgesetzt wurde, ist nicht zuletzt dem Engagement der Familie Metternich-Sándor sowie des Landes Niederösterreich zu verdanken. Der künstlerische Leiter dieses besagten Festivals sollte schließlich niemand geringerer als Rudolf Buchbinder und damit einer der prominentesten Repräsentanten österreichischer Musikkultur sein.

Rudolf Buchbinder auf der Baustelle des Wolkenturms 2007 © Peter Rigaud
Rasch wurde auch klar, dass große Spielstätten nötig werden würden – Gartensaal und Reitschule schienen plötzlich zu klein. Aus einem Architekturbewerb gingen Marie-Therese Harnoncourt und Ernst J. Fuchs von «the next ENTERprise-architects» als Sieger hervor. Mit dem Wolkenturm entwarfen sie eine der besten Open-Air-Bühnen der Welt, welche fortan mit ihrem imposanten Erscheinungsbild ein modernes Pendant zum historistischen Schloss bildete. Die Bühne bietet 1.700 Sitzplätze und 400 Rasenplätze.
Erstes Grafenegg Festival 2007
Am 22. Juni 2007 wurde der Wolkenturm mit der ersten Sommernachtsgala feierlich eröffnet. Ebenfalls im Sommer 2007 fand das erste Grafenegg Festival statt. Es umfasste zwölf Hauptkonzerte und sieben Kammerkonzerte.
Im darauffolgenden Jahr kam mit dem Auditorium ein moderner Konzertsaal dazu, welcher heute nicht nur als Schlechtwetteralternative im Sommer, sondern auch für die Matineen sowie den Zyklus der Schlossklänge rund ums Jahr zur Verfügung steht. Entworfen wurde das Auditorium vom Dortmunder Büro «schröder schulte-ladbeck», fertiggestellt von Architekt Mag. Dieter Irresberger. Der Saal fasst 1370 Plätze. Ebenfalls ins Jahr 2008 fällt die Initiierung der Sommerkonzerte, welche seither dem Grafenegg Festival vorgelagert sind.
Grafenegg als Ort der Exzellenzförderung
Zum Tonkünstler-Orchester gesellte sich ab 2009 mit dem European Union Youth Orchestra (EUYO) ein weiteres Residenzorchester. Darauf aufbauend wurde Grafenegg in den Folgejahren mehr und mehr zum Ort der Exzellenzförderung – eine Entwicklung, die 2018 in der Gründung des Campus Grafenegg gipfelte. Zentrale Säulen des Campus Grafenegg sind die Grafenegg Academy und der Composer-Conductor-Workshop INK STILL WET, welcher vom jährlich wechselnden Composer in Residence geleitet wird. Als Plattform und Netzwerk für die Förderung außerordentlicher musikalischer Talente pflegt der Campus Grafenegg seit vielen Jahren darüber hinaus enge Partnerschaften mit dem European Union Youth Orchestra, der European Chamber Music Academy und dem Musik & Kunst Schulen Management Niederösterreich.

Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich vor Schloss Grafenegg © Sandra Langschwert
Die jüngste Geschichte Grafeneggs war schließlich nicht zuletzt von der Corona-Pandemie geprägt. Das Grafenegg Festival 2020 konnte dennoch unter Einhaltung eines strengen Präventionskonzepts und mit verändertem Programm stattfinden. Damit setzte Grafenegg ein wichtiges Zeichen für die Kulturlandschaft in Österreich.
Neben höchster musikalischer Qualität wird in den kommenden Jahren auch das Thema Nachhaltigkeit eine große Rolle spielen. Im Juni 2021 kam die Sommernachtsgala als traditioneller Auftakt zur Open-Air-Saison am Wolkenturm erstmals aus Rücksicht auf die Umwelt ohne Feuerwerk aus. Das Grafenegg Festival ist damit der langfristig angestrebten Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen als «Green Event» einen Schritt näher. Darüber hinaus etabliert sich Grafenegg derzeit als Standort, der neben hochkarätigen Veranstaltungen und Exzellenzförderungsprojekten auch zahlreiche Gründe für einen Ausflug oder Kurztrip bietet: Von Schloss und Park Grafenegg über das kulinarische Angebot aus der Küche von Promikoch Toni Mörwald sowie von exzellenten Weingütern aus der Region bis hin zur Übernachtungsmöglichkeit direkt am Schlossareal in den gemütlichen Grafenegg Cottages bietet Grafenegg seinen Gästen schon jetzt und auch in Zukunft ein stimmiges Gesamtpaket.